Kaum hatte die neue Woche begonnen, setzten wir unsere Reise nur wenige Kilometer von dem Ort fort, an dem wir die letzte beendet hatten. Noch immer befanden wir uns in einer Region, deren Landschaft und Geschichte stark vom Ersten Weltkrieg geprägt sind – also tauchten wir erneut ein in diese Vergangenheit: auf der Strada delle 52 Gallerie, der Straße der 52 Tunnel.
Durch die 52 mal kurzen, mal langen, mal geraden und mal spiralförmigen Tunnel arbeiteten wir uns auf der ausführlich beschilderten Tour hinauf zum Rifugio Achille Papa. Dank der mehrsprachigen Infotafeln konnten auch wir den Erklärungen zur Anlage, ihrer Entstehung und den Geschichten einzelner Tunnel und Personen folgen. Der Nebel tat sein Übriges, um die ohnehin schon düstere, leicht mystische Stimmung dieser geschichtsträchtigen Region zu verstärken – ein Ort, an dem hunderte Menschen in kürzester Zeit Unvorstellbares geleistet haben.
Stimmungswechsel. Sonnenschein, plätscherndes Wasser, bunte Gärten. Am Mittwoch genossen wir nach einem üppigen Besuch beim Bäcker eine gemütliche Wanderung auf der Via dell’acqua – dem Weg des Wassers. Da wir an akuter Lustlosigkeit litten (genauer gesagt: keine Lust hatten, ständig die Übersetzungs-App zu zücken), verstanden wir kaum ein Wort von dem, was uns die Tafeln vermitteln wollten. Doch der liebevoll angelegte Weg entlang des Flusses Roggia ließ sich auch ohne Wissenszufluss wunderbar genießen.
Wir konnten es nicht länger ignorieren. Es verfolgte uns. Rief uns tags und nachts. Der Fels. Zeit zum Klettern!
Freitag und Samstag folgten wir dem Ruf. Oberhalb von Schio bei Vicenza nahmen wir uns zuerst Contrada Rossi vor, wo wir in völliger Ruhe und bei ein wenig Sonne die Routen abarbeiteten. Das freundliche Dornengestrüpp machte sich allerdings nicht nur am Boden bemerkbar – und auch nicht nur im Auge. Doch was tut man nicht alles für ein bisschen Spaß?
Am nächsten Tag teilten wir uns Sonne und Fels von Cogollo del Cengio mit kletterfreudigen Italienern. Am Ende waren die Finger wund, die Gesichter glücklich und der Stolz groß – unser Durchhaltevermögen am speckigen Fels konnte sich sehen lassen. Doch was tut man nicht alles für ein bisschen Sonne?
Das Momentum leben heißt, bereit zu sein, wenn einem etwas vor die Füße fällt – in unserem Fall: Käse. Eigentlich wollten wir auf dem Weg nach Venedig nur einen kurzen Stopp für eine entspannte Gassirunde einlegen. Doch in Piazzola sul Brenta stießen wir plötzlich auf Menschenmassen. Neugier ist die Tugend des Reisenden – also folgten wir der Musik, den Menschen, der Nase.
Vor und rund um die majestätische Villa Contarini, eine der prächtigsten Villen des Veneto, fanden wir die Ursache des Auflaufs: Caseus – ein Käsefest mit Musik, Wein und allerlei Gaumenfreuden.
Futter ist immer gut, befanden wir, und gaben das Kommando „begleiten“. Cima reihte sich links, Happy rechts von Frauchen ein, und angeführt von Tobi stürmten wir los, um unsere Mägen mit Käsehäppchen zu füllen.
Eine Ewigkeit später ließen wir, mit einem Baumstriezel in der Hand, die Villa hinter uns – und die Geschichte dieses Abendbrots, ja dieser ganzen Woche, fand ihr würdiges Happy End in einer Wolke aus Zucker und Zimt.
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