Venedig erlebt man. Man sieht es nicht nur.
Und entweder man hat es erlebt – oder eben nicht. Die Eindrücke, die Geräusche, die Gerüche, das Gefühl, sich in diesem Labyrinth aus Gassen und Kanälen treiben zu lassen – all das lässt sich nicht wirklich beschreiben.
Zwanghaftes Erkunden
“The trouble is, walking in Venice becomes compulsive once you start. Just over the next bridge, you say, and then the next one beckons.”
– Daphne Du Maurier
Ganz genauso wie es Du Maurier beschrieb, ging es uns an unserem ersten Nachmittag – an dem sich direkt noch ein Abend reihte – in Venedig auch. Das Problem ist, dass das Spazierengehen in Venedig zwanghaft wird, sobald man einmal angefangen hat. Gleich über die nächste Brücke, sagt man, und dann lockt die nächste.
Wir wollten doch „nur mal kurz rüberfahren“, ein bisschen durch die Straßen bummeln, eine Pizza essen und uns die Stadtbesichtigung für den nächsten Tag aufheben. Doch daraus wurde nichts. Wir liefen, blieben stehen, staunten. Dann liefen wir wieder, blieben stehen, staunten erneut – und so weiter, bis es schließlich dunkel, uns Zweibeinern kalt und die Hunde lauffaul wurden.
Stunde um Stunde schlenderten wir durch die Stadt, verweilten auf Brücken und beobachteten das geschäftige Treiben auf dem Wasser. Wir ließen die Kulisse auf uns wirken, schoben uns durch enge, verwinkelte Gassen und fragten uns, wie man sich hier überhaupt zurechtfinden kann – mit Handy-Navigation jedenfalls nicht, denn das GPS-Signal ist in Venedig eher symbolisch vorhanden.
Pizza gab es an diesem Tag keine. Nach mehreren freundlichen, aber bestimmten Abweisungen – mit Hunden durfte man oft nicht einmal draußen sitzen – gaben wir auf und fuhren erschöpft zurück zum Wohnmobil. Es würde ja noch einen Tag geben.
Zwischen Prunk und Verfall
Dienstag war Venedig-Tag. Komplett. Von früh bis spät. Wir nahmen alles mit, von Bus über Tram und Boot, Stadtwanderung, und so viele Museen wie zeitlich gingen, Eis und Pizza, Hitze und Kälte und am Schluss wankten 12 müde Beinchen Heim.
Wir besuchten den Dogenpalast und die drei weiteren Nationalmuseen am Markusplatz. Gemälde, Büsten, Skulpturen, verzierte Decken, aufwendig gearbeitete Türen und Räume, die jedes für sich ein Kunstwerk sind – man wusste kaum, wohin man zuerst schauen sollte.
Doch so viel Mühe, wie man in die Instandhaltung der prachtvollen Innenräume steckt, so deutlich zeigt sich draußen das andere Gesicht Venedigs: bröckelnde Fassaden, Müll in den Ecken, modriger Geruch. Wen wundert es. Die Gelder fließen entweder in die glänzenden Prunkbauten oder werden für die ständige Pflege der Kanäle benötigt – ein aufwendiges, aber notwendiges Unterfangen, um Stadt und Lagune zu schützen.
Das Abwassersystem Venedigs besteht aus über 7.000 Klärgruben, die das Abwasser sammeln und grob reinigen, bevor es in die Kanäle fließt. Viel mehr als eine Grundreinigung passiert dort freilich nicht. Zusammen mit dem Müll, den der tägliche Touristenstrom hinterlässt, belastet das die Lagune spürbar. Als wäre das nicht genug, sinkt der Boden weiter ab, während der Meeresspiegel steigt. Immer häufiger steht das Wasser in den Gassen und kriecht die Fassaden empor.
Der Gedanke, dass dieser erstaunliche Ort vielleicht schon am Ende des Jahrhunderts nicht mehr existieren könnte, hinterlässt uns im Zwiespalt. Als Touristen sind wir Teil des Problems und doch zugleich Teil der Lösung, denn ohne Besucher gäbe es kaum Mittel für Erhalt und Pflege. Am Ende treibt uns wie viele andere auch die eigene Gier: das Faszinierende noch zu sehen, zu spüren, darin einzutauchen, all das aufzunehmen, solange es noch möglich ist, bevor das Wasser die Geschichte weiterschreibt.
Zwei Hunde mitten im Trubel
Und ja – Happy und Cima waren natürlich jeden Tag dabei.
„Mittendrin statt nur dabei“ war das Motto, und sie machten ihrem Leitspruch alle Ehre. Trotz Nebensaison und Wochentag war die Stadt gut gefüllt. Doch egal, wo wir liefen oder mit was wir fuhren, und egal wie eng oder voll es wurde, unsere zwei mal vier Pfoten blieben die Ruhe selbst.
Geduldig warteten sie mit einem von uns auf den anderen, wenn dieser ein Museum besuchte, wenn wir Pizza oder Eis aßen, auf Brücken standen und wieder einmal über den nächsten Weg debattierten. Beeindruckend wie die Stadt war für uns auch das Verhalten unserer beiden Hunde.





















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